Mittwoch, 6. März 2019

Ha Giang

Radfahrer: 68km, 2100Hm, 6. Etappe



In der Nacht hatte es heftig geregnet. Zum ersten Mal, dass die Wettervorhersage zumindest tendenziell richtig lag. 1-5mm sollten es sein. Es waren sinnflutartige Unwetter. Dementsprechend sah es am nächsten Morgen aus.


Heute sollten es  lt. Garmin 2200 Höhenmeter werden. Laut Komoot hätten es nur 1300 Höhenmeter werden sollen.  Laut OSAnd 1464. Wir  hatten schon Bedenken rechtzeitig in Ha Giang anzukommen. 1000 Höhenmeter sind auf einem Rad mit Gepäck ein erheblicher Zeitfaktor.

Garmin lag richtig, es nützt die realen Höhenliniendaten (bei OSM unbedingt dazukaufen!). Die Onlineapps verwenden, um Rechnerleistung zu sparen, einen größeren Abstand zwischen den einzelnen Messpunkten.


Geregnet hat es tagsüber übrigens nicht.


Wir mussten erst Mal wieder 600m hoch auf 960m. Diesmal gab es nur 9%Schilder, komisch. Man kommt an ein paar winzigen Einsiedelhöfen vorbei und hat sofort alle Kinder im Schlepptau. Die kleine Gummistiefelarmee ließ nicht locker. Irgendwann hat man ein schlechtes Gewissen, dass sie einem so weit nachlaufen. Einer mit Bambusstock hat versucht diesen in die Speichen zu stecken. Da war der Spaß dann doch vorbei.



Nach dem Pass geht die Straße in eine Erdpiste über. Schlamm, Pfützen, Teerreste. Gut, dass fast niemand unterwegs ist.



Auch Rollerfahrer sehen wir nicht. Die Strecke ist als "Road in bad condition" ausgewiesen. Das schreckt dann scheinbar doch viele ab. Landschaftlich ist sie traumhaft. Viel Dschungel, schöne Pfahlbautendörfer und immer wieder schöne Schluchten durch die sich der Fluss zwengt.






Eine Versorgungsmöglichkeit gibt es erst an der Haupstraße, nach 36km. Der Straßenzustand wird allerdings auch nicht viel besser. Die Fluten haben ganze Arbeit geleistet und so entstand ein Bild das gut für die Grobstollig-Ahnengalerie taugt.



Der Lkw hinter mir hat für das Bild übrigens geduldig gewartet.


Apropos Ahnen. Die Vietnamesen verehren ja nichts mehr als ihre Ahnen. In jedem Eingangsbereich steht ein Ahnenaltar. Mit ihren  sonstigen Mitgeschöpfen pflegen sie einen eher "praktischen" Umgang. Kann man es essen und wie bringt man es in den Kochtopf?



Auf dem Bild hier liegen drei Ziegen in dem Drahtköcher. Wir haben aber auch schon 80kg-Sauen darin gesehen und uns gefragt wie das Tier da hinein gekommen ist. Dass Fleisch durch Adrenalin zäh wird hat sich hier noch nicht herumgesprochen, ganz absehen davon dass man ein Tier auch auf dem Weg zum Schlachten würdig behandeln sollte.




Kurz vor Ha Giang muss man noch Mal 300m auf 600 hoch. Das ist dann aber nur noch Formsache. Oben gibt es einen kleinen Laden mit Instantkaffee. Wie sooft wurde bei unserem Eintreffen die Musikauswahl auf YouTube scheinbar unseren westlichen Ohren angepasst. "Cheri Cheri Lady" von Modern Talking mussten wir gefühlt 100 Mal auf unserer Reise anhören.



Danach ein toller Downhill bis Ha Giang, das sehr malerisch zwischen Flussbiegung und Bergrücken liegt. Ankunft:17:00

In Ha Giang war es laut den Wetter-Apps sonnig. Laut der Realität regnete es am Abend heftig. Die führenden Wetter-Apps nutzen die KI-Plattform Watson von IBM. Wir huldigen und vertrauen dieser Technik und niemand denkt mehr. Schöne neue Welt.

Ankunft in Ha Giang: jetzt unbedingt noch sauber werden.


Wir gehen diesmal in das beste Hotel im Ort, dem Phoenix. Vier Sterne und auch nicht teurer als das schon etwas in die Jahre gekommenen Resort. Der Portier kommt herausgelaufen und fragt uns etwas verwundert ob er uns helfen kann. "Ja, wir haben hier ein Zimmer gebucht". Gut dass wir vorher unsere schlammigen Räder in einer Waschstraße reinigen ließen.
Akribisch hatten die Jungs hier die Räder sogar noch abgeledert. 2x20.000 Dong. Ein Trinkgeld kennen  sie scheinbar nicht nicht und wollen es uns zurückgeben.





Im Gegensatz zu einigen Reiseberichten die wir gelesen hatten, hat uns während der ganzen Reise nie einer versucht zu übertölpel. (Ausnahme ein Taxifahrer mit dem üblichen Trick 20.000 und ähnliche 200.000 Dong-Scheine). Alle Getränke, der Kaffee, die Ananas usw, immer der gleiche Preis. Auch mit dem Wechselgeld waren sie sowas von korrekt. Das mag in Hanoi oder einigen Hotspots wohl anders sein, aber das sehen wir erst jetzt wenn wir heute in Hanoi sind.



Im Phoenix empfangen sie heute eine hohe Delegation, der Polizeichef traf gerade ein, alles soll passen. Unsere Fahrräder müssen deshalb schnell aus dem Blickfeld. Wir schmunzeln.


Sitzen im Bus. 8 Stunden Liege/Schlafbus incl. Rad ca. 20€ p.P.
Den Bus hat uns der Portier gestern Abend noch bestellt. Abholung am Hotel! Klasse.

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